Stellungnahme zum Thema Tempo 30 innerorts in Steinhagen

Als ein politischer Entscheidungsträger von vielen der Gemeinde Steinhagen möchten wir hiermit unsere Unterstützung für die Einführung von Tempo 30 innerorts, auch über die Sanierungszeit hinaus, zum Ausdruck bringen. Diese Maßnahme ist nicht nur ein wichtiger Schritt hin zu mehr Verkehrssicherheit, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zum Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschutz.

Das gestiegene Verkehrsaufkommen in Steinhagen an den Verkehrsachsen zur A33 belastet die Anwohner und viele Verkehrsteilnehmer, wie die gereizten Kommentare in den Sozialen Medien zeigen.Wir GRÜNE sehen die Einführung von Tempo 30 innerorts bis zur Sanierung als große Chance, die Vorteile und Wirkungen von der reduzierten Geschwindigkeit für alle Teilnehmenden kennen zu lernen.

Als erstes und wichtigstes hat Tempo 30 positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit. Verkehrsteilnehmende nehmen bei niedrigeren Geschwindigkeiten deutlich mehr Details des Verkehrsraums wahr und können somit früher reagieren. So sinkt das Risiko schwerer Unfälle deutlich. Insbesondere Fußgänger und Radfahrer profitieren davon, da sie im Falle eines Zusammenstoßes weitaus geringere Verletzungen erleiden. Eine sichere und angenehme Verkehrsumgebung fördert zudem die Nutzung von umweltfreundlichen Fortbewegungsmitteln wie dem Fahrrad oder dem öffentlichen Nahverkehr, was wiederum den motorisierten Individualverkehr und dessen negative Auswirkungen reduziert.

Zweitens führt Tempo 30 in der Mehrzahl der untersuchten Fälle zu einer erheblichen Reduzierung der Lärmbelastung. Verkehrslärm ist eine der Hauptursachen für Stress und gesundheitliche Probleme in Städten. Eine Reduzierung der Geschwindigkeit führt, entgegen einigen Meinungen, nachweißlich zu einem ruhigeren Verkehrsfluss, was die Lebensqualität der Anwohner in Steinhagen verbessert und zur allgemeinen Gesundheit beiträgt. Gerade auf der Bielefelder Str. ließe sich Tempo 30 als lärmreduzierende Maßnahme schneller und Kosten günstiger umsetzen, als irgendwelche baulichen Maßnahmen.

Drittens zeigen empirische Untersuchungen zur Luftqualität eine Abnahme der Luftschadstoffbelastung nach Einführung von Tempo 30. Dabei würde eine qualitativ gute Taktung der Ampelphasen auf der Bielefelder Straße maßgeblich zur Reduktion der Staus und damit auch der Emissionen beitragen. Diese Emissionen gilt es zu reduzieren, da sie nicht nur die Umwelt belasten, sondern auch die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Steinhagen gefährden. Besonders anfällig sind hier Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Atemwegserkrankungen.

Kritiker argumentieren, dass eine Reduzierung der Geschwindigkeit den Verkehrsfluss behindern und die Reisezeiten verlängern könnte. Dies könnte insbesondere für Berufspendler und den Lieferverkehr problematisch sein. Genauere Untersuchungen ergeben aber, dass die Leistungsfähigkeit der Straßen durch die zulässige Höchstgeschwindigkeit kaum beeinträchtigt wird. Größeren Einfluss auf einen reibungslosen Verkehrsfluss hat gemäß der Studie vom Umweltbundesamt eine gut getaktete Ampelschaltung.

Ebenfalls wird behauptet, dass die Einführung von Tempo 30 eine konsequente Überwachung und Kontrolle erfordert, was zusätzliche Ressourcen der Polizei und der Stadtverwaltung bindet. Doch selbst ohne Geschwindigkeitskontrollen nimmt die mittlere Geschwindigkeit um bis zu 16 km/h ab. Die meisten Autofahrer halten sich freiwillig an die Beschränkung, je länger diese besteht.

Viele Städte haben bereits erfolgreich Tempo 30 innerorts eingeführt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

  • Graz, Österreich: Seit 1992 gilt in weiten Teilen der Stadt Tempo 30. Die Unfallzahlen sind seitdem deutlich gesunken, und die Lebensqualität der Anwohner hat sich verbessert.
  • Brüssel, Belgien: Im Jahr 2021 führte die belgische Hauptstadt flächendeckend Tempo 30 ein. Seitdem: Über 50 Prozent weniger Verkehrstote und 20 Prozent weniger Schwerverletzte.
  • Helsinki, Finnland: Auch in Helsinki wurde 2019 Tempo 30 eingeführt. Im selben Jahr kam dort kein Kind mehr im Straßenverkehr ums Leben.

Die Einführung von Tempo 30 innerorts ist daher ein multifunktionaler Ansatz, der sowohl ökologische als auch soziale Vorteile bietet.  Die Maßnahme erhöht die Verkehrssicherheit, reduziert die Lärmbelastung, verbessert die Luftqualität und fördert den Radverkehr. Es ist an der Zeit, dass wir in Steinhagen auch den Mut und die Weitsicht haben, solche Schritte zu unternehmen, um die Umwelt zu schützen und die Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Eine zeitnahe Planung durch die Kreisverkehrsbehörde und Umsetzung sowie die begleitende Öffentlichkeitsarbeit sind jedoch entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahme.

Wir Grünen in Steinhagen haben drei Ziele in der Verkehrspolitik:

  1. Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden verbessern
  2. Gleichberechtigung für alle Verkehrsteilnehmenden (ÖPNV, Fußgänger, Radfahrende und Kraftfahrzeuge)
  3. Reduktion von klimaschädlichen Gasen und Lärmemissionen

–> Tempo 30 ist für uns eine der Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen.

Quellenverzeichnis

  1. Umweltbundesamt (2016). Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen
  2. Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). (2020). Auswirkungen von Tempo 30-Zonen auf die Verkehrssicherheit.
  3. Umweltbundesamt (UBA). (2019). Lärmminderung durch Verkehrsberuhigung.
  4. European Transport Safety Council (ETSC). (2021). Reducing Speeding in Europe.
  5. Stadt Graz. (2021). Bericht zur Einführung von Tempo 30.
  6. European Cyclists‘ Federation (ECF). (2022). Cycling Benefits of Urban Speed Limits.
  7. VCD (2021) Runter vom Gas für mehr Sicherheit und Umweltschutz! Spanien führt Tempo 30 ein